Ist Dir Harmonie wichtig? Dass Konflikte, wenn es sie denn überhaupt geben muss, gelöst werden? Oft gibst Du nach, weil das nicht geht. Schluckst es runter, um des lieben Friedens Willens. Lieber reflektierst Du, was es mit Dir zu tun hat, versuchst rumzuschrauben in Deinem Inneren, denn Du hast ja fein gelernt, dass alles, was einen stört, mit einem selbst zu tun haben muss, sonst wäre es ja nicht im Resonanzfeld. Also muss an Dir was falsch sein, wenn Dich das stört, oder? Du buchst Coachings, machst Meditationen/hypnotische Reisen, lernst alle möglichen Techniken, mit schwierigen Gefühlen umzugehen und wendest sie regelmäßig an.

 

Nun. So war ich jedenfalls gestrickt. Kennst Du das von Dir auch?

 

Bei mir war das so bis vor einiger Zeit. Und das, obwohl mir ein Freud Zitat schon lange vorher begegnet war. Sinngemäß schreibt er, oder es wird ihm zugeschrieben (also ich war nicht dabei persönlich), dass man, bevor man glaube, man hätte ein psychisches Problem, zunächst mal in seiner Umgebung schauen soll, ob man nicht von A…. umgeben sei. Äh ja.

 

Vom Kopf her klar war mir schon lange, dass es für eine gute Verbindung den Willen und das Engagement sowie die Empathiebereitschaft ALLER Beteiligten braucht. Vom Kopf her, nur mein Innerstes wollte eben den Frieden, brachte Empathie für alle auf, sie können es ja nicht besser, geben ihr Bestes, es gibt einen guten Grund für ihr Verhalten (was auch so ist!), es ist MEIN Resonanzfeld, MEINE Gefühle, …, und….. ließ das, was mir wehtat, weiter mit mir machen bei gleichzeitigem Unverständnis derer für meine Empfindungen.

 

Ganz oft merken es die Menschen nicht, dass sie immer zurückstecken. Sie halten es für „Hilfsbereitschaft“, „menschliche Größe“, „Bescheidenheit“ usw. Sie definieren ihr Selbstbild so, haben es vielleicht von Kind an gelernt, dass man „Rücksicht“ nehmen müsse auf die Anderen. Sie glauben, nichts ändern zu können, ohnmächtig und ausgeliefert zu sein. Es entzieht sich ihrem Bewusstsein, weil die andere Folge, nämlich etwaiger Streit oder gar Kontaktende, noch bedrohlicher erscheint.

 

Besonders tricky finde ich, ja, geradezu perfide, dass gerade derjenige, der nicht bereit ist, auf DICH zuzugehen Dir gerne vorwirft „sei nicht so egoistisch“. Damit wird man mundtot gemacht, denn das will ja keiner. Hier läuft jedoch ein übles Spiel, hinter das man erst mal kommen muss. Aber wenn, dann gibt es kein Halten mehr.

 

Was passiert in diesen Momenten des Zurücksteckens IN Dir?

 

Ja, Du nimmst Rücksicht auf Andere. Bist ihnen gegenüber wohlwollend. Verständnisvoll. Empathisch. Einfühlsam. Damit bist Du zumindest auf einer besseren Frequenz, als wenn Du in den Hass oder die Wut gehen würdest (wobei diese heilsam sein kann, Frequenz hin oder her, aber dazu später). Nur wie sieht es IN Dir aus? Wie geht es diesen inneren Anteilen, die zurückstecken müssen, die ihre eigenen Bedürfnisse nicht erfüllen können, denen es deshalb nicht wohl geht? Du vermittelst ihnen damit „Deine Bedürfnisse, nun, sie zählen nicht, die der Anderen sind wichtiger“. Lass diesen Satz mal auf der Zunge und im Herzen zergehen. Wie ist das für Dich, zu lesen „Deine Bedürfnisse zählen nicht, die der Anderen sind wichtiger“? Es folgt „und Du musst sie zurückstecken, sonst haben wir keinen Frieden“? Danach noch „und jetzt gib Ruhe, Dir geht es zwar schlecht, aber sei still, sonst haben wir keinen Frieden mit ihm/ihr“?

 

Nehmen wir ein praktisches Beispiel.

 

Karl und Anna streiten. Wegen einer Zahnpastatube (klar, der Streit geht nur um die Zahnpastatube……jaja….aber das ist ein anderes Thema, also lassen wir das jetzt mal so stehen). Es schaukelt sich hoch, Karl schreit irgendwann „Du bist so eine penible Person, was musst Du wegen einer Zahnpastatube so rummotzen“ und sie weint „warum bist Du denn so gemein“. Sie gehen auseinander, Anna kommt wieder auf Karl zu, (er nicht, er sägt oder schraubt irgendwas), spricht ihn an, sagt „lass uns reden“. Er stimmt ein, aber bleibt bei seiner Haltung, sie habe gemotzt, das gehe nicht. Ihre Seite, ihre Emotionen, ihre Bedürfnisse, ihre Verletzung, die sieht er nicht, will er nicht, sie ist selbst schuld und er habe nichts falsch gemacht, sie habe angefangen, sie habe mit der blöden Zahnpastatube rumgemacht. Ja, man könne sich gern versöhnen, an ihm solls nicht liegen! Sie spürt genau, dass da was nicht stimmt. Sie spürt genau, was sie braucht, nämlich Empathie und eine echte Versöhnung, nur, die wird es mit Karl nicht geben. Also schluckt sie, denkt „naja, vielleicht hat er recht und ich war zu harsch im Ton und so eine Zahnpastatube ist ja schließlich nicht die Welt“.

 

In solchen Beziehungen finden sich manche Menschen allerortens. Partnerschaft, Freundschaften, Kollegen, Chefs, soziale Medien. Ihre Bedürfnisse werden verkannt, abgewertet. Nicht existent, egal, gleichgültig.

 

„Hey, sei mal nicht so ein Opfer!“, sagen die Täter. Natürlich nicht mit diesen Worten, dass ist Spiri-Coach-Jargon. In normalen Worten heißt es „jetzt sei halt nicht so, beruhig Dich mal wieder, das musst Du abkönnen“ o.ä.

 

Irgendwann kommt man vielleicht an den Punkt – JA. Es HAT mit mir zu tun.

 

Aber! Auf ganz andere Weise, als die, die einen bisher als „Opfer“ oder „kompliziert“ oder „Schuld an Streit“ oder „überempfindlich“ oder sonst was tituliert haben. Es hat auf die Weise mit einem selbst zu tun, dass man SICH SELBST ebenfalls würdigt, respektiert, empathisch behandelt und als Umgangsmaßstab empathisch behandeln lässt. Hier kommt die vorher erwähnte und so verkannte Wut ins Spiel. Es gibt nämlich die echte primäre Wut, die, die aufdeckt „hier stimmt was nicht“ und die dabei hilft, Situationen zu verbessern!

 

Zu einer Beziehung, egal welcher Natur diese ist, gehören ALLE Beteiligten gleichermaßen. Auf Augenhöhe. Alle gleichwert. JEDES Bedürfnis wird gesehen, gewürdigt, JEDE Emotion hat ihre Berechtigung.

 

Entweder MIT Empathie oder ohne mich.

 

Genau.

 

Irgendwann war er da dieser Satz. Und zwar gefühlt, mit jeder Zelle. Aufrecht, stolz, jawoll. So und sonst nicht.

 

Es ist selbstredend, dass Gefühle und Bedürfnisse oftmals Flashbacks aus der Kindheit sind, und dass man diese eben nicht unreflektiert auf Anderen auskübelt, diese für die Erfüllung verantwortlich macht, was damals schiefgelaufen ist. Dafür ist man schon selbst verantwortlich. Auch das haben die meisten Menschen nicht bewusst. Sie glauben, dass Andere an ihrer Befindlichkeit schuld sind, das ist meistens falsch. Stress in Beziehungen gibt es meines Erachtens nur, wenn innere Kinder, innere Verletzungen aktiviert worden sind. Das kann ja auch ganz gut sein, gibt es einem die Gelegenheit, diese aufzudecken und aufzulösen. Man könnte dies auch gemeinsam tun, das ist eine sehr heilsame Erfahrung!

 

Wenn jedoch nicht praktiziert wird, dass bei BEIDEN Seiten Gefühle und Bedürfnisse entstanden sind, und dass BEIDE liebevoll gesehen und anerkannt werden, dann ist es einseitig!

 

Streits oder Meinungsverschiedenheiten sind OK. Aber die Klärung hinterher, und die Versöhnung auf menschlicher Ebene, auf Herzensebene, ist für mich existenziell für ein gutes Weiterführen der Beziehung. Für Dich auch?

 

Zurück zu Karl und Anna. Er könnte ihr sagen „es hat mich fürchterlich geärgert, dass Du mich wegen einer offenen Zahnpastatube so angegangen bist, bitte pass nächstes Mal auf Deinen Ton auf“, und sie könnte antworten „ich verstehe, dass es Dich geärgert hat, nur das mit meinem Ton, dazu folgendes: es hat MICH geärgert, dass die Tube offen rumliegt, weil sie so austrocknet und es auch schlampig aussieht, was mich stört. Es ist auch nicht das Einzige was rumliegt, hab ich alles nichts zu gesagt. Dazu der folgende Streit, der Ton dabei, ganz ehrlich, das hat mich sehr verletzt“.

 

So weit die Bestandsaufnahme, nun ist auf dem Tablett, was bei beiden los ist. Anschließend wird das ausdiskutiert, geklärt, liebevoll, wertschätzend, die jeweiligen Gefühle und Bedürfnisse werden gesehen, eine gute gemeinsame Lösung gefunden. Eine Lösung, die weitgehend alle Bedürfnisse berücksichtig. Vermutlich wird man dann schon ein Arrangement finden, dem Anderen entgegenkommen, aber da tun es BEIDE.

 

Der Knoten im Herzen hat sich aufgelöst, die Liebe fließt wieder, es war ein reinigendes Gewitter, und man ist völlig frei von dem alten Konflikt im Herzen und im Umgang mit dem Anderen. Das ist schön, wirklich!

 

Nur können es bisher wenige Menschen.

 

Mir ist es wichtig, dass Menschen gute Kontakte haben, weil einem das sehr guttut! Allerdings nicht um den Preis, dass einer alles schluckt.

 

Daher plädiere ich im Zweifelsfall auch für die klare Kante, für ein klares Statement und wenn es nicht anders geht für Kontaktpause oder -ende. Lieber gehe ich aus einem für mich schädlichen Kontakt raus. Als schädlich empfinde ich, wenn der Andere nicht bereit ist, sich meine Seite anzuhören geschweige denn, sie als gleichberechtigt zu würdigen und ihr Empathie zu geben – auch wenn er inhaltlich anderer Meinung ist. Das ist ja kein Problem. Wenn ich in dem Kontakt bleiben würde, würde ich mir selbst schaden.

 

Puh. Wie geht es Dir, wenn Du das liest? Viele bekommen es mit der Angst zu tun! Wer bleibt mir noch? Ich muss doch sozial verträglich sein, was, wenn ich dann alleine dastehe? Das sind die inneren Hinderungsgründe. Die gilt es anzuschauen und zu lösen, denn dann ist die Angst, alleine zu sein größer als die innere Würde, dass die eigenen Bedürfnisse gleich wichtig sind, wie die der Anderen. Ja, das sind sie.

 

Es darf ausbalanciert sein, es geht nicht um puren Egoismus, dass jetzt alle nach Deiner Pfeife tanzen müssen, sondern es geht um ein faires, gerechtes, warmherziges, gleichberechtigtes Miteinander, einen schönen gemeinsamen Tanz. Mit dieser Haltung lässt sich JEDES Thema lösen. Im schlimmsten Fall kommt dabei raus, dass man nicht kompatibel ist, Ok, kann vorkommen, dann gehen wir eben getrennte Wege, aber dies in Frieden ohne Groll. Wenn wir kompatibel sind, prima, alles gut. Diese Haltung stärkt Deinen Selbstwert und die innere Würde.

 

Mit Empathie oder ohne mich.

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